KLIPPEN

Mein Poltergeist

Wenn in der Nacht
mein Poltergeist
Gepolter macht
und mich daher
nicht schlafen lässt,
so halte ich mich fest
an dem Gedanken,
dass er gekommen sei
und hier verweile,
um mich zu laben
mit einer neuen Zeile
für ein Gedicht,
das ich noch nicht
geschrieben habe.

Einst und jetzt

Ich habe das Buchstabieren
nach einer deutschen Fibel
mit Fleiß und Schweiß gelernt:
S, e, p = Sep; t, e, m = tem;
b, e, r = ber: September!..
Das war ein Märchenreich,
so kunterbunt gefärbt!..
Und jetzt in meinem Herbst?
Was sagt mir mein Kalender?
Was macht mit mir die Zeit?
Und was ist mir geblieben?
Nur triste Rauhigkeit?

Ein bisschen Wärme

Ich sitze am Kamin
und schaue in die Flammen,
die nicht mehr ungestüm
wie einst empor zum Himmel
der inneren Unrast züngeln.
Es ist ein leises Feuer
der wärmenden Erinnerung
daran, was längst vergangen.
Nicht viel. Doch immerhin:
Auch das hat seinen Sinn.
Ein bißchen Wärme tut
der müden Seele gut.

Gnadenflur

Ja, Woldemar Spaar,
was in Gnadenflur war,
daran erinnerst du dich
auch bis heute gewiß:
mehr Ungunst als Gnade,
mehr Sorgen als Freuden,
mehr Armut als Gaben…
Doch von jedem Neumond
ward gehofft voller Liebe,
daß die trockenen Fluren
allendlich ergrünen,
um zu Wohl zu gelangen:
Denn es war deine Heimat.
Ihr wolltest du dienen!..
Dann kam die Verdammung.

Durst

Der Tag ist verstrichen,
verklungen sein Klang.
Und habe ich wieder
zu wenig geschuftet?
Und bin ich am Abend
denn wieder zu durstig?
Weiß ich doch sicher:
Ja, auskommen muß ich
damit, was ich habe,
damit, was ich kann.

Vom Gaul zum Roß

Unter einer Decke
stecken die Krakeeler.
Und in allen Ecken
wollen sie befehlen.

Allerhand Methoden
werden unterbreitet…
Ist der Gaul marode,
hilft auch keine Peitsche.

Willst du ihn bemuttern,
höre auf zu johlen.
Gib ihm lieber Futter:
soll er sich erholen!

Denn: Wofür ihn strafen?
Und wofür ihn hassen?
Gib ihm Heu und Hafer,
gib ihm frisches Wasser.

Und aus dieser Mähre
wird ein Roß geboren.
Das verschafft dir Ehre.
Gib ihm dann die Sporen.

Von Anbeginn?

So viel Gerissenheit.
Gewaltverbrechen.
Ein Widersinn.
Ein Selbstberauben.
Und ist die Grausamkeit
denn eingerechnet
von Anbeginn?
Ich kann’s nicht glauben.

Der richtige Weg

So viel ist verdreht,
so viel will nicht stimmen.
Wenn alle den Weg
der Menschlichkeit gingen,
dann brauchten wir nicht
zu stöhnen und weinen,
dann würde das Licht
der Zuversicht scheinen.

Reime

Ja, Welten entstehen.
Und Welten verschwinden.
Ein Kommen-und-Gehen
der ewigen Stürme
im Reich deiner Träume
und bangen Gefühle,
die alle sich reimen
auf Sehnsucht und Liebe.

Läuterung

Ein Weg ohne Dornen
ist dir nicht geebnet:
Die Welt ist verworren,
verwickelt das Leben.

Dein Schiff muß da scheitern
an Riffen und Klippen…
Dein Leid wird dich läutern,
wenn schwer du gelitten…

So hoffe und bitte,
damit dich die Güte
bei Sturm und Gewitter
vor Unheil behüte.

                       25. Februar 1991

Der Mensch will leben

Zickzackweg

Freie Rhythmen,
freies Denken,
freie Schriften,
freie Opponenten
haben es nicht leicht
auf dem Zickzackweg
zum Quell der Öffentlichkeit.
Denn die List und Lüge
spinnen frech Intrigen,
um die schlichte Wahrheit
und den kühnen Freimut
wieder zu erdrosseln
und ihre grünen Saaten
methodisch zu vernichten.

Willkommen!

Wenn die Mucker gackern,
dass die Hühner lachen,
ist das Brezelbacken
eine wahre Wonne:

Butter, Mehl und Eier
(Teig mit Dill bestreuen!)
und ein leichtes Feuer…
Heuchler, seid willkommen!

Wettbewerb

Es klingt vielleicht
ein bisschen derb:
Ich liege, nein, ich stehe –
als alter Knacker! –
auf meinem wüsten Acker
im Sozwettbewerb
mit meinem eignen Schatten,
was er bis heut
gewiss nicht wusste.
Ich fuchtele und johle
und will ihn überholen,
was mir wohl nie gelingt.
Denn mein Gehirn
ist schon zu sehr verkrustet.
Doch immerhin:
Ich strampele und warte
(auch spät ist nie zu spät!)
auf den Entwickdungssprung,
wo oft die Quantität
zur Qualität ja übergeht.

Gespenst

Es ist eine schwere Zeit,
es ist ein schwerer Weg:
Selbst der Barmherzigkeit
wird Steuer auferlegt.

Was geht der Indolenz
das Leid des Alters an?!
Sie ist ein Schreckgespenst,
die Angst nur bringen kann.

Verbrechen

Was konnte sie gebären –
die politische Impotenz
des Stalinschen Experiments?
Nur nebliches Versprechen,
Verwüstung und Zerstörung,
nur Willkür und Verbrechen…
Und sind wir jetzt gescheiter
nach all den Schändlichkeiten?

Gaukelspiel

Es hieß so schön, man würde
das Kind schon schaukeln…
Es wurden der Vernunft
die lichten Zukunftsbilder
ganz rosafarben vorgegaukelt,
damit den Quatsch sie glaubt…
Jetzt steckt das Kind im Sumpf,
des Gaukelspiels beraubt…
Wo wird es Zuflucht finden,
um seine Qual zu lindern?

Lebenslänglich

O kümmerliche Existenz,
es will der Mensch auch leben,
solange er auf Erden lebt!
Das ist die einfachste Tendenz,
die von Geburt gegeben
und lebenslänglich uns bewegt.
Bis zur Verzweiflung es uns bringt,
wenn das so selten uns gelingt.

Ohne Rückhalt

Unser Deutschtum
muß versiegen.
Längst verschüttet
ist sein Quell…
Ach, und wir versuchen,
selbst uns vorzuspiegeln,
daß es einen Ausweg
heut noch gäbe,
um die warme Quelle
wieder freizulegen…
Doch keine hohe Stelle
will uns unterstützen.
Und es hilft kein Bitten,
kein Wehschrei, kein Appell.

Ungewollt

Wenn die Zeilen weinen
und nach Atem ringen,
müssen ihre Reime
ungewollt verklingen.

Glaube

Sind heut meine Träume
verbrannt in den Flammen
der Angst vor der Kälte
des sinnlosen Lebens,
so häufle ich morgen
die fahlgraue Asche
zusammen und säe sie aus
auf den harrenden Fluren
der täglichen Mühen,
daß wieder die Blumen
des Glaubens ans Gute
trotz Kummer und Sorgen
für dich und für mich
und für alle erblühen.

6. März 1991

Labyrinth

Schweigen?

Über die Vandalen
längst vergangenen Zeiten,
wo es nicht bewiesen,
was man diesen Stämmen
alles zugeschrieben,
lohnst sich nicht zu schreiben.
Denn es gibt auch heute
überall Barbaren,
die die Erdenkinder
unbarmherzig schinden…
Soll die Wahrheit schweigen,
bis die Dunkelmänner
den erwachten Freisinn
stur zu Staub zerreiben?

Rauschgiftsüchtig

Die Herrschsucht war noch immer
ein reuliches Ungeheuer.
Sie will den Kurs bestimmen
und will allein regieren.
Und sie ernennt sich selber
zum Lenker und zum Führer,
um herrisch zu diktieren,
um die Gewalt bis zu den Türen
der Allmächtigkeit zu führen,
bestrebt, die Machtallüren
allüberall zu rühmen,
und denkt nicht nach darüber,
daß ihre tollen Abenteuer
so manchmal ganze Völker
da ins Verderben führen:
Na, so sollen sie krepieren!..

Weiße Raben

Als rohe Reformisten
und Nationalisten
werden abgestempelt
die weißen Raben,
weil sie die Farbe
der Zugehörigkeit
zur auserwählten Sippe
verloren haben
und Souveränität
für sich verlangen,
wo sie doch aus der Mitte
der Rabenvögel stammen.

Das Los der Langmut

Schlaf, Geduld, o schlafe!
Hast du fünf Jahrzehnte
im Koma schon gelegen,
was deinen Willen lähmte,
kannst du höchstwahrscheinlich
auch noch für fünfzig Jahre
ohne Streit und ohne Müh
erneut in trübe Lethargie
ganz willfährig versinken…
Man wird sich dann bestreben,
die ungerechte Strafe
allendlich aufzuheben…
Und es findet sich ein Winkel,
eine stille Zufluchtsstätte,
um der Duldsamkeit Gebeine
zur letzten Ruh zu betten.

Unausbleiblich

Es strahlt dein Morgenstern,
solange du verliebt
bist in das Erdenleben…
Wenn sich dein Stern entfernt
und schimmert – fahl und trüb,
so ist es wohl ein Zeichen,
daß nunmehr deine Seele
(es kommt auch diese Zeit!)
bereit ist, zu entschweben
ins Reich der Ewigkeit.

Misere

Die Macht ist oftmals blind,
die Macht ist oftmals taub
und führt ins Labyrinth,
wo nichts als Dunst und Staub
und Ausweglosigkeit
die einzigen Komponenten
der Flucht aus der Misere
zur lichten Zukunft sind.

Klüfte

Was ist ein Dichter
ohne Leser?!
Er ist ein Brunnen
ohne Wasser;
ist eine Wiese
ohne Gräser;
ist eine Fichte,
die verlassen
am Abgrund steht
mit nackten Wurzeln.
Sein Los ist bitter:
Er muß verstummen…
Und in den Klüften
der Widersprüche
verhallt für immer
seine Stimme.

Doktrinen

Oh, sie wollen glänzen –
die pfiffigen Übermenschen!
Es ist ein ganzes Heer
von oben bis nach unten:
Sie seien zu Lichtern
des Aufstiegs bestimmt!..
Und jene Millionen,
die für die Lichter fronen?
Die sollen emsig wühlen
dort im Schattendunkel
des blinden Gehorsams,
um ihr hartes Dasein
bettlerisch zu fristen,
und sollen immer fühlen,
daß sie gewiß nichts mehr
als Arbeitssklaven sind.

Deutschtumrudimente

Immer noch Verbot. Und Zwang.
Mit Zuckerbrot und Peitsche.
Und jetzt auch Streit und Zwist
und schlau gesteuerte Spaltung
(man nennt es einfach Haltung)
zwischen den Rußlanddeutschen…
Wer baut ein neues Schiff
nun aus den Deutschtumrudimenten,
das uns noch retten könnte
vor unserem Untergang?

Versöhnung

Wird manchmal mein Bedürfnis,
mich offen mitzuteilen,
zuweilen zum Zerwürfnis
da zwischen meinen Zeilen,
so laß ich ihnen Zeit,
damit sie Rücksicht nehmen
auf Widersprüchlichkeit
und sich erneut versöhnen.

14. März 1991

Gedanken und Gefühle

Angst vor nichts

In deinen Zügen, Zeit,
ist so viel Unverständliches!
So sage, wann erreicht
uns Hungerleider dein Progress,
den du so oft versprichst,
und dann es wieder unterlässt?
Bis uns ereilt das Nichts
mit Herzinfarkt
        nach schwerem Stress?

Besorgt

O Geist, bist so verstimmt.
O Herz, bist so betrübt…
Es hat wohl keinen Sinn,
ganz ohne Grund
sich in den Sumpf
der Apathie zu stürzen?
Und wenn es einen gibt?
Und was vermag in diesem
und in jenem Fall
die rege Anteilnahme
am weiten Widerhall
der Umwelt zu beschützen?

Selbstbestimmung

Nicht leicht sind zu entwirren
verwickelte Geschichten…
Wir biestern und wir irren
durch Wüsten und erdichten
uns manches Eldorado
und überspringen Klüften
und finden neue Pfade –
um dann zurückzuflüchten
zum Rand des Unterfangens,
um ängstlich und verschüchtert
das Unheil zu bejammern,
das wir dereinst gestiftet.

Ruin

Sowjetdeutsche Literatur…
Ihr Pegasus stolpert
              und strauchelt.
Es hilft ihm wohl kaum eine Kur:
Gebrochen sind längst seine Flügel,
worauf seine Hoffnung er baute.
Im Staub des Ruins muß er liegen:
Kein Mitgefühl und kein Erbarmen,
vom Starrsinn verurteilt –
                   zum Galgen.

Antipoden

Es ist keine neue Sentenz.
Gut ist der aufrechte Mensch.
Und seine und seiner Freunde
gespeicherte Intelligenz,
zusammengefügt und vereint,
sich zu Gutem verpflichtend
und auf Wohltat gerichtet,
ist wie eine Festung aus Stein,
die nicht leicht ist zu stürmen
von allerhand Einfaltspinseln
und von erbitterten Feinden
der edlen menschlichen Würde,
die allein danach streben,
die lautere Wahrheit zu knebeln.

Späte Lyrik

Keine Nächte sind zu dunkel,
um dein Mitgefühl zu fühlen.
Und ich eile schnell hinunter,
wo die Wogen mich umspülen.
Jene Wogen an den Ufern
deiner Liebe, die dort branden.
Und ich brauche nicht zu suchen.
Und wir finden bald einander.
Oh, du meine späte Lyrik,
willst mich wiederum umschlingen,
um mich in dein Reich zu führen,
wo die Äolsharfen klingen!..
Und die frischen Frühlingswinde
greifen in die Harfensaiten…
Und die Wehmut?..
          Oh, sie schwindet,
vom Gesang der Nacht begleitet.

Verzweiflungsschrei

Hinausschreien möcht‘ ich
den Schmerz in die Welt:
Wie lange noch bleiben
wir Deutschen geächtet?!
Ein halbes Jahrhundert
der Macht es gefällt,
uns niederzupeitschen,
zu Staub zu zerreiben!

Zu selten

Die seelischen
    und körperlichen Qualen
verschmelzen leicht
    und werden unerträglich.
Doch mußt du sie,
solang du lebst, ertragen:
Auch Unmögliches ist
          mitunter möglich.
Die Existenz des Menschen
          ist ein Nachen,
worin die Hoffnungen
          der Seele schwimmen
und auf ein Zeichen
    aus dem Weltall warten,
damit es ihren Kurs
          zum Ziel bestimme.
Das Schicksal aber
    ist zu selten günstig.
Und seine Segel sind
    vom Sturm zerschlissen.
Es kentert oft sein Kahn
          und muß versinken
im tiefen Ozean
          der Widersprüche.

In schweren Tagen

Das System traktierte
uns mit Eisenruten,
denn wir Repressierten
sollten all verbluten…
Doch wir Heimatlosen
hoffen noch und denken,
daß man uns die Heimat
endlich wieder schenke,
die vor fünfzig Jahren
man uns weggenommen,
ohne uns zu fragen…
Ach, ihr schönen Träume!
Ach, Apotheose!
Heißt man uns willkommen
in der alten Heimat?
Grünen dort die Wiesen,
blühen dort nun Rosen,
die uns Hoffnung geben?..
Nein, wir sind im Bilde:
Viel habt ihr erlitten,
heimatliche Gegend,
heimische Gefilde…

Bleiben wir vertrieben
für das ganze Leben?..
Oh, du weißt, wir bitten:
Gib uns deinen Segen,
Heimat an der Wolga,
Heimat meines Volkes!  

Frostige Nebel

Leben bis heute wir noch
fern im Jahrhundert der Sklaven?
Sind wir erwählt, um das Joch
der Unterwerfung zu tragen?

Sind es die Folgen der Nacht,
die uns so lange verknechtet?
Ist es die Ohnmacht der Macht,
die uns entnervt und entkräftet?

Oh! Ist der Mensch nicht bestimmt,
glücklich auf Erden zu leben?..
Wenn man die Hoffnung ihm nimmt,
irrt er durch frostige Nebel…

Völkerschaften

Wenn die Gedanken auch zittern,
sind die Gefühle auch bitter,
wollen und müssen wir leben,
Sonne erwartend und Segen,
wenn sich entlädt das Gewitter.

Denn: Wir gehören zusammen
trotz der Gewalt und Verdammung,
die uns so oft drangsalierten
und in das Dunkel uns führten,
dem wir – verkrüppelt! – entgangen.

Und: Die Vernunft soll uns lehren,
Kummer und Schmerzen zu ehren,
die die Bedrängten empfinden,
Wenn sie als Volksstamm verschwinden…
Weil wir zusammengehören!

2. Mai 1991

Skizzen

Im Fotoatelier

„Bitte, fotografieren Sie mich.
Zum siebzigjährigen Jubiläum.
Aber, na, übersichtlich.
Daß auf dem Foto ich 18 bin.“
Es schaut mich der Meister an
von rechts nach links
und kratzt sich hinterm Ohr,
um besser nachzudenken:
„Tja… Wie Sie sehen…
Wissen Sie was, mein Herr,
schicken Sie mir für den Fall
mal lieber Ihren Enkel.“  

Erwacht!

Gerade wie im Märchen:
Ein Queckengräschen
späht aus einem Ritz
und schaut sich um
da voll Verwunderung
und spitzt verschmitzt
die grünen Ohrchen
und hört: „Summ-summ!“
und lächelt fein
und lispelt leise
eine schlichte Weise
vom hellen Sonnenschein.

Der Brunnen

Ja, wer sucht, der findet:
Die Gedanken danken
herzlich den Gefühlen,
jeder leisen Regung
deiner stillen Liebe.
Und umarmt-umschlungen,
graben sie nun in der Wüste
deiner Zweifel einen Brunnen,
um mit seinem edlen Naß
die Setzlinge des Glaubens
an die Gnade zu besprengen…
Und die Wehmut schwindet.

Liebevoll

Das welke Laub
der Herbste deiner Ahnen
düngt besorgt die Fluren
deines jungen Frühlings,
und du rufst entzückt:
Es lenzt! O Glück!
Und die Gefühle
schmücken liebevoll
die Tempel der Erwartung
aus mit bunten Blumen
brennender Begierde
und mit blauen Träumen,
die dein naher Sommer
dann erfüllen soll.

Vom Wein der Zweisamkeit

Oh, wer denkt an den Dezember!
Wenn der Mai die Trommel rührt,
wenn da über dem Gelände
hell die Lerche jubiliert;

         wenn die Saaten saftig prangen
         und die Wiese üppig grünt,
         wenn am Hang die Tulpen flammen
         und der Wald den Frühling rühmt;

wenn der Klang der blauen Lüfte
dich wie Festmusik beschwingt,
wenn die Seele Lieder dichtet
und von Drang und Sehnsucht singt.

         Nein, noch fern ist da dein Winter
         und dein Weg unendlich weit…
         Und die Liebe? Soll sie trinken
         sacht den Wein der Zweisamkeit!

Gewitterwolken

Ach, und jene Flammen…
Ach, und jene Tränen…
Denn es kam dein Sommer.
Doch statt helle Bläue,
die dein Herz erwartet hatte,
zogen sich Gewitterwolken
dort am Himmel deiner Träume
unheilvoll zusammen…
Und es breiteten sich aus
die schwarzen Schatten
der Gewalt der Lumpenhunde
und der unerhörten Frevel,
die die Menschlichkeit

seit Anbeginn verhöhnen…
Oh! Und unsägliches Leid
verschleierte dein Sehnen.

Bittere Folgen

Wohltat und Menschenwürde
und offenes Mitempfinden
und Mut und Nächstenliebe
wurden verhört und verneint
und auf Scheiterhaufen
verbrannt, und die Asche
wurde frohlockend zerstreut
von der knochigen Hand
der sturen Unmenschlichkeit.
Und das giftige Unkraut
des Zwangs und der Willkür
erstickte im Keim die Saaten
der ewigen sittlichen Werte
in unserem Riesenland…

Flammendes Fanal

Die immer stille Qual
der sklavischen Ergebenheit
irrt zitternd durch die Gassen
ihrer grauen Ausweglosigkeit
und findet kein Erbarmen
und keinen Zufluchtsort
und muß – wie ehedem! –
am Gängelband verharren…
Und dann entschließt sie sich
und steckt entschieden –
wie vergeistigt! – ein Fanal.
Um die satte Aufgeblasenheit
der glatten Niederträchtigkeit
mit ihrem Flammenzeichen
zum allerletztenmal –
befreit vom Joch! – zu warnen.

Schock

Die üppige Phantasie
hat sich im Fluge
die Flügel gebrochen
an der graniten Wand
der stupiden Verbohrtheit
und ist hinabgestürzt
in den schimmligen Schlamm
der leeren Gedanken
der Gleichgültigkeit…
Und wird sich die Kranke
allmählich erholen?
Und wird sie die Schranken
des Schocks überwinden
und zurück zu sich finden?

O Seele!

Erst Impressionen,
so herrlich, so göttlich!

Danach Illusionen,
die Hoffnungen weckten.

Und dann Depressionen,
die lange nicht weichen…

O Gott, was bedeuten
für mich diese Zeichen?..

Und wenn ich verstumme?
Auch das ist ein Segen?

Ein finsterer Tunnel…
und – ewiges Leben?..

 20.04.1991

Welt der Farben

Der weiße Traum

„Es ist mein einziges Begehr:
Wenn ich ein weißer Rabe wär´!
Es würde mich die halbe Welt,
ach wo! – die ganze gar bewundern.
Dann wäre ich bestimmt ein Held,
ein weißes zwar, doch blaues Wunder.
Man würde Sympathie bekunden:
‚Da kommt das Wunder angesegelt,
das Unikum, der weiße Rabe!..‘
Wer hat die Farbenwelt geregelt?
Ach, dreimal schade, schade, schade,
daß ich pechschwarze Federn habe,
daß mich stahlschwarze Flügel tragen!
Wo könnte ich mich nur beklagen?
Wer hilft mir da? Wer färbt mich um?..“
Die Farbenskala schweigt wie stumm:
Der Traum, den träumt das „Unikum“,
ist ziemlich sinnlos, wenn nicht dumm…
Noch gut der schwarze Rabe tut,
wenn er nicht träumt von weißem Blut;
noch klug der schwarze Rabe ist,
wenn er den weißen Traum vergißt.
Denn schwarz der schwarze Rabe bleibt,
weil er sich eben Rabe schreibt.

Das weiße Blatt

„Ich bin ein schlankes weißes Blatt
und bin bis heute noch unbeschrieben.
Wie schön es manches Blättchen hat!
Und ich muss weiß und leer mich fügen.
Ich bin des grauen Weißseins satt-
möcht´ in die blaue Ferne fliegen…“
„Sei hoffnungsvoll und unverzagt.
Wozu, mein Kind, die große Eile?
Es kommt die Zeit, es kommt der Tag –
ein Prinz wird sich in dich verlieben
und farbenfreudig dich beschreiben…
Doch gibt es leider auch noch Sünden:
Vergessen, mußt allein du bleiben,
bis er dich – reuig – wiederfindet.
Schon graumeliert, wird er dich suchen
und die Vergessenheit verfluchen.
Dann drückt der Prinz dich an die Brust,
daß du in Lieb‘ vergehen mußt…
Ein weißes Blättchen war auch ich.
Nun bange ich mich fürchterlich:
Beschrieben, kann man auch vergilben.
Es kann der Wandel mit der Zeit
dir alles durcheinanderwirbeln.
Noch gut, wenn dir die Hoffnung bleibt.“

Weiße Nächte

Bei Sonnenuntergang beginnt
die Zeit, die wir als Nacht bezeichnen.
Die einen sie ganz lyrisch stimmt,
den andern sie ihr Los erleichtert.
Gewöhnlich sind die Nächte dunkel,
bis gräulichweiß der Morgen graut.
Am Himmel blau die Sterne funkeln –
ein Bild, womit wir gut vertraut.
Auf ihre weichen, dunklen Schatten
die Müden und Verliebten warten:
In ihren Träumen lauschen sie
der schönen Zukunft Melodie…
Doch gibt es auch noch weiße Nächte,
und schleierweiß sind ihre Stunden.
Wer sollte, dürfte, könnte, möchte
ihr weißes Blauweiß nicht bewundern!..
Ich war noch nie in Leningrad
Und hab das Nachtweiß nie gesehen.
mein Freund, er stammt aus jener Stadt, –
er meint, es sei fast ein Vergehen,
daß Leningrad ich nie bereist,
das die Blockade überstanden,
um vor dem lichten Heiligweiß
den Hut zu ziehn am Newastrande.

1984

Der Winter ist weise und weiß

Kein Kahlfrost soll es wecken

Der Winter bettet weich
das Feld auf Daunenkissen,
deckt liebevoll es zu
mit weißen Flockendecken.
Es schlummert sanft das Feld,
denn rein ist sein Gewissen.
Wir gönnen ihm die Ruh.
Kein Kahlfrost soll es wecken.

Erhole dich, mein Feld,
umhüllt mit weißen Farben.
Der Winter meint es gut
und singt dir Wiegenlieder.
Und geht er wieder heim,
wird dich der Lenz umarmen,
und neuer Lebensmut
durchrieselt deine Glieder.

So hab Geduld!

Der Fluss ist dick mit Eis bedeckt.
Es tut ihm gut der Winterschlaf.
Doch unter seiner Decke reckt
er sich und sehnt sich still danach,
daß bald die Winterzeit verstreicht
und dann das graue Panzer bricht,
daß seine Wasser dann erreicht
das frühlingswarme Sonnenlicht.

Die blauen Wellen eilen fort,
die Sonnensegel straffgespannt,
dann ohne Ruh von Ort zu Ort –
hinaus ins ferne Reiseland,
wo üppig grünen Feld und Wald,
wo alles sich am Leben freut…
So hab Geduld, mein Fluss, recht bald
sich wieder dein Gefühl erneut.

Ich kenne kein schöneres Weiß

Ganz winterweiß grüßt mich der Wald.
Ich kenne kein schöneres Weiß.
Nicht fahlweiß, nicht kahlweiß und kalt.
Nein, schneeweiß und sehnsuchtsvoll-heiß.
Die Tannen und Birken und Erlen
verzichten auf billigen Tand:
Es glitzern briliantweiße Perlen
am weich-weißen Wintergewand.

Es freut mich, wenn grau auch mein Haupt,
zu sehn und zu hören im Weiß
des Waldes das frischgrüne Laub
trotz Winter und Kälte und Eis.
Umsonst wir oft Tränen vergießen,
man sei, wenn auch rüstig, schon greis.
Das Schöne kann niemand verschließen:
Der Winter uns Weisheit verheißt.

Wehe nur, Windchen!

Eisige Schneeluft, schneeige Blässe
bringt uns der Winter ohne Entgelt.
Senken und Höhen… Nichts wird vergessen:
Weiß ist die Wiese, weiß ist das Feld.
Weiß sind die Berge, weiß sind die Täler.
Weiß sind die Tage, weiß ist die Nacht.
Gibt es mitunter auch einen Fehler,
wird wieder gut er balde gemacht.

Weiß schmückt der Winter stets sein Gestöber,
weiß wie des Frühlings blühende Welt.
Schneereich beladen, Gutes im Leben
gern uns des Winters Schneesturm bestellt…
Wehe nur, Windchen, weh uns Getreide,
Müh und Arbeit – Frohsinn herbei!
Dann, wenn vom Winter dankbar wir scheiden,
grünt unsre Hoffnung wieder im Mai.

Brauchst nicht vor Gram zu vergehen

Wenn es auch kalt oft im Winter,
wenn auch der Frost nur so klirrt,
steckt doch wohl Wärme dahinter,
die dich behaglich umschwirrt.
Sehnsüchtig-heißes Verlangen –
zart wie das warmrot die Wangen…
Die Liebe sei ewig gepreist!

Wenn auch die Schneestürme toben –
schön ist der Winter und gut.
Bleibst du ihm treu und gewogen,
wärmt dich dann lodernde Glut.
Schneewehen, berghohe Wehen
schmelzen zusammen alsdann.
Brauchst nicht vor Gram zu vergehen…
Es reift deine Ernte heran.

November 1982

Sommerzeit

Zum erstenmal

Du bist ein Städter. Schön und gut.
Bist zu Besuch ins Dorf gekommen?
Willst sehen, was sich hier so tut?

Willst in die Schule gehn beim Sommer?..

Das Lob, das heute du verdienst
beim Jäten, Hacken und beim Häufeln,
macht dich gewiß nicht weltberühmt,
doch brauchst daran du nicht zu zweifeln:

Im Knabenalter ist’s ein Schritt,
der an die Kindheit dich erinnert,
wenn einstens weit sie schon zurück,
als angenehmer Freudenschimmer.

Als Himmelblau und Sonnenglast,
als frohes Lied auf deinem Wege:
Hier hab ich auf dem Feld geschafft
zum ersten Mal in meinem Leben!

Gelbe Rüben

Alle lieben gelbe Rüben,
die man noch im frühen Frühling,
wie bekannt, auf Beten sät.
Sind drei Wochen kaum verflossen,
ist ein Wäldchen aufgeschossen,
das bis an die Knie dir geht.

Einen Monat noch die Möhren
sich vom Erdensaft ernähren,
und dann sind sie ellenlang.
Ausgewachsen, sind es Riesen
wie in Märchen und in Mythen,
wo der Zauber alles kann…

Auch der Peter und die Grete
machten sich zwei große Beete.
„Gretel, dieses da ist mein.
Wieviel werde ich bekommen?
So an eine halbe Tonne?“
„Wart und ernte sie erst ein!..“

Unser Gretel gab sich Mühe
stets beim Jäten und Verziehen…
Ernte jetzt, was du gesät!
Und klein Gretchen ist zufrieden:
Sieben Körbchen gelbe Rüben
nur allein von ihrem Beet!..

Peter war zu faul gewesen:
„Lieber will ich etwas lesen.
Möhren werden selber groß!..“
Und jetzt zog er mit zwei Fingern

aus dem Beet die Rübendinger:
„Sagt, was ist mit denen los?!“

Ja, es hatte jedes Pflänzchen
leider nur ein dünnes Schwänzchen…
Peter staunte: „Unerhört!“
Denn es waren die Karotten
allesamt ins Kraut geschossen –
eine halbe Tonne schwer!

Einhellig beschlossen

„Wollen wir uns Äpfel holen!
Seht, die Äste biegen sich!“
„Heißt es dann nicht doch „gestohlen“?
Stehlen aber darf man nicht!“

„Hör mir auf mit dem Gerede.
Na, was weißt du, Jungchen, auch!
Denn es ist das Äpfelstehlen
bloß ein alter schöner Brauch.

Rasch wir brechen wie die Räuber
rund um zwölf – zu Mitternacht! –
in den Garten ein und treiben
Schabernack mit Bums und Krach:

Mit Trompete und mit Becken –
tschingtaratata-tschingbum!
Aus dem Schlaf den Wecker wecken
wir und kehren wieder um…“

„Nein, uns bringen diese Possen,
glaubt mir, sicher keinen Ruhm!..“
Und so wurde denn beschlossen:
Ohne Abenteuertum!

Und es ging dann gut vonstatten –
nach der neuen Tradition:
Alle arbeiten im Garten
einen ganzen Monat schon!

1984

Unser Sonnenlicht seid ihr, o Frauen!

Klara

Klara! O berühmte Klara!
Ach wie schön, wenn wir bewahren
uns den wundervollen Traum
von jenem Märchenland,

das wir vor tausend Jahren
als Reich der Träume schon gekannt!
Zu voller Schönheit bist du nun erblüht!
Bist meine Königin geblieben!
Du singst, wie einst, mit heller Stimme

das schöne Lied, das innige Lied
von deiner großen Liebe.

Maria

Maria, deines Herzens Wärme
und deiner Augen milder Blick,
dein Lächeln, deine Seelenstärke –
all das ist mehr als Liebesglück!

Maria, meiner Sehnsucht Frühling,
mein Juni- und Septembermond,
o laß mich immer wieder rühmen
die Anmut, die dir innewohnt!

Ludmilla

Ach, Ludmilla, Ludmilla!
O könntest, o könntest du fühlen:
Die ganze Welt sich spiegelt wieder
in deinen blaublaublauen Augen!
Offen und gutmütig lächelnd
und immer wieder Hoffnung schöpfend,
blickst du in die Zukunft.
Manchmal auch mit einem leichten Anflug
von Sehnsucht und stillem Gram.
Aber nein, Ludmilla, nein!
Nur den Mut nicht sinken lassen!
Ach, Ludmilla, du solltest wissen:
Freudestrahlend sind deine Augen,
deine blaublaublauen Augen,
doppelt schön.

Claudia

Kleine braune Teufelchen
hüpfen in den Äugelchen…
Claudia, o Claude, Claudette!
Immer lustig, immer nett
aufgeschlossen, auch zerstreut,
nonchalant, doch hilfsbereit,
optimistisch und natürlich…
„Oh, mein Lieber, dich verführ ich!“
lächelt dir sie ins Gesicht
und verführt dich… trotzdem nicht.

Sejnasch

Ein Kirschbaum in voller Blüte!
Schneeschneeweißweiße Blüten!
Symbol des Frühlings!

Symbol der Anmut und Jugend!
Und die Augen –
zwei schwarzbraune Kirschen!
Wangen – wie Milch und Blut!
Kirschrote üppige Lippen!
Symbol der Sinnlichkeit!
Symbol der heißen Liebe!
Ein Kirschbaum in voller Blüte!

Swetlana

Swetlana! Leuchte hell, Swetlana!
Swetlana! Leuchte hell und schön!
Doch laß, Swetlana, dich ermahnen:
Ein Männerherz – es kann vor Schmerz
in Liebe auch vergehn.
So leuchte hell und bring dem Liebenden Glück
und nimm das helle Licht nicht wieder zurück!
So nimm, Swetlana, du dein glühend Herz
und schenk es dem, der dich ersehnt
für alle Zeiten! Und laß ihn glücklich sein,
wie du es bist in deiner Liebe!

Lilli

Nein, eine Feuerlilie
mit feuerroten Blüten
ist sie nicht.
Sie ist eine Lilie
mit zart-weißen Blüten,
Bescheiden,
beständig
und uneigennützig,
wie sie ist,
verzichtet sie
auf schmückendes Beiwerk
und wird von selbst
zum kostbarsten Schmuck.

Shanat

Feuer und Flamme, Shanat, wardst du getauft.
So sei denn Feuer und Flamme für alles,
was schön und gut. Was glücklich macht.
Sei üppiger Frühling.
Sei blühendes Heidekraut in deiner Steppe.
Sei eine Rose mit rosaroten Blüten.
Sei eine Gemse auf Alpenwiesen.
Sei eine blaue Nachtigall im Hain,
die singt und flötet und manchmal schluchzt.
Sei eine Lerche im Feld.
Sei Feuer und Flamme für alles,
was schön ist und gut in der Welt!

Ljubow

Wenn auch der Sturmwind manche schöne Rose bricht,
verlier, Ljubow, o Liebe, du die Hoffnung nicht!
Wenn auch des Frühlings Reiz und Zauber schon vorbei!
Der reife Sommer wirkt noch schöner als der Mai!
Sei mir gegrüßt, zehntausendmal gegrüßt, Ljubow!
Die Liebe nie erlischt, wenn man sie heiß erhofft!
Wenn auch der Sturmwind immer wieder Rosen bricht,
verlier, o Liebe, du, Ljubow, die Hoffnung nicht!

Nadeshda

Nadeshda heißt Hoffnung im Deutschen.
Doch deinen Namen mit Hoffnung zu verdeutschen,
wär‘ weit nicht das, was du bedeutest.
Nadeshda – das bist du! Du bist Nadeshda
für die Eltern dein, die dich geboren.
Du bist Nadeshda für deinen Mann,
der dich erkoren. Du bist Nadeshda
für deine Kinder und für deine Freunde.
Für jeden, der dich kennt und nicht kennt.
Für dein ganzes Land. Für unser Heimatland.
Das bist du, Nadeshda! Das heißt Nadeshda!
Und wo Nadeshda ist, faßt jeder Hoffnung.
Und wo es Hoffnung gibt, gibt es den Glauben.
Und wer den festen Glauben an das Gute
sich nicht nehmen läßt, bewahrt sich seine Liebe
stets zum Leben, bewahrt sich Sonnenwärme,
bewahrt sich Freude am und Glück im Leben!

1981-1984(?)

Beruf und Berufung

Der Bauarbeiter

Er dichtet Gedichte
aus Ziegel und Stein.
Und breit sind die Rhythmen,
mit klingendem Reim.
Bald sind es Trochäen,
bald Jamben, tonrein,
bald reihen Spondeen
sich – hochstrebend – ein,
und hier Anapäste,
Daktylen mal dort:
Das Heut und das Gestern –
in einem Akkord –
hell klingen hinüber
ins Morgen sofort,
damit harmonieren
denn Block neben Block…
Er baut am Gebäude
der Zuversicht mit –
er tut es mit Freude,
die tief ihn beglückt:
Ein Epos er dichtet
von Unsterblichkeit –
ein Denkmal, errichtet
für unsere Zeit.

Der Landmann

Im Wappen verewigt,
der Ährenkranz glänzt
uns golden entgegen
als blühender Lenz.
Nie ohne Getreide,
ohn Butter und Brot:
Wo Brot, da auch Freude –
so heißt sein Gebot.
Er sät und er erntet
das Ährengold ein.
Im Winter dann wärmt es
am Tisch uns daheim.
Auf Feldern, unendlich,
er Taten vollbringt,
für die wir erkenntlich
dem Ackermann sind.
Mit fleißigen Händen,
mit Wille und Mut
auf flachem Gelände
sein Bestes er tut:
Das Feld soll gedeihen
zu unserem Wohl,
die Menschen erfreuen
als Friedenssymbol!

Der Lehrer

Er schafft frohen Mutes
von früh und bis spät,
setzt ein sich für Gutes,
von Hoffnung beseelt.
Er pflanzt seine Bäume
als Bäumchen noch aus
und sät seine Träume
in jedwedem Haus;
umsorgt seine Pflänzchen
mit Liebe und Lust;

und Quentchen um Quentchen
verschenkt er bewußt
die Strahlen des Guten
an jedwedes Kind,
die Herzen umflutend
mit Licht, das beschwingt.
Und tief, unerschöpflich –
erquickt dich der Born
des Wissens: Du reckst dich
und bläst dann dein Horn,
daß alle dich hören
und jeder erkennt…
Drum ehre den Lehrer,
der viel dir geschenkt!

Der Bildhauer

Er meißelt und hämmert.
Der Marmor ist hart.
Allmählich es dämmert.
Ob heut er es schafft?..
Ja, alle Berufe
sind nötig und schön
und endlos die Stufen
zu geistigen Höhn:
Ein Suchen und Finden,
ein Kommen und Gehn –
das Schöne ergründen
in seinem Geschehn;
den Augenblick fassen
und hauen in Stein,
ihn froh hinterlassen
als Glorienschein,
der wieder und wieder
das Auge erfreut
und weckt die Gemüter
zu Gutem erneut…
Ist heut er auch müde,
kommt’s morgen soweit:
Das Herz es gebietet,
der Geist sich beeilt.

Die Stewardeß

Der silberne Vogel
die Flügel schon regt.
Die Gangway nach oben!
Die Stimmung sich hebt:
Die Stewardeß lächelt.
Sie grüßt. Und ihr Scharm
die Gäste umfächelt –
ums Herz wird’s dir warm.
Sie heißt dich willkommen
und hält dich in Bann…
Der Flug hat begonnen,
er dauert nicht lang.
In schwindelnde Höhen
das Flugzeug nun steigt.
Du mühst dich, zu sehen,
was alles sich zeigt…
Im Reich deiner Träume
erscheint eine Fee…
Du sitzt wie versteinert:
In solch einer Höh‘!..
Kein Zeichen von Hochmut,
nur Großmut allein:
Sie setzt, wenn es not tut,
ihr Leben auch ein!

                                11.03.1984