Der Winter ist weise und weiß

Kein Kahlfrost soll es wecken

Der Winter bettet weich
das Feld auf Daunenkissen,
deckt liebevoll es zu
mit weißen Flockendecken.
Es schlummert sanft das Feld,
denn rein ist sein Gewissen.
Wir gönnen ihm die Ruh.
Kein Kahlfrost soll es wecken.

Erhole dich, mein Feld,
umhüllt mit weißen Farben.
Der Winter meint es gut
und singt dir Wiegenlieder.
Und geht er wieder heim,
wird dich der Lenz umarmen,
und neuer Lebensmut
durchrieselt deine Glieder.

So hab Geduld!

Der Fluss ist dick mit Eis bedeckt.
Es tut ihm gut der Winterschlaf.
Doch unter seiner Decke reckt
er sich und sehnt sich still danach,
daß bald die Winterzeit verstreicht
und dann das graue Panzer bricht,
daß seine Wasser dann erreicht
das frühlingswarme Sonnenlicht.

Die blauen Wellen eilen fort,
die Sonnensegel straffgespannt,
dann ohne Ruh von Ort zu Ort –
hinaus ins ferne Reiseland,
wo üppig grünen Feld und Wald,
wo alles sich am Leben freut…
So hab Geduld, mein Fluss, recht bald
sich wieder dein Gefühl erneut.

Ich kenne kein schöneres Weiß

Ganz winterweiß grüßt mich der Wald.
Ich kenne kein schöneres Weiß.
Nicht fahlweiß, nicht kahlweiß und kalt.
Nein, schneeweiß und sehnsuchtsvoll-heiß.
Die Tannen und Birken und Erlen
verzichten auf billigen Tand:
Es glitzern briliantweiße Perlen
am weich-weißen Wintergewand.

Es freut mich, wenn grau auch mein Haupt,
zu sehn und zu hören im Weiß
des Waldes das frischgrüne Laub
trotz Winter und Kälte und Eis.
Umsonst wir oft Tränen vergießen,
man sei, wenn auch rüstig, schon greis.
Das Schöne kann niemand verschließen:
Der Winter uns Weisheit verheißt.

Wehe nur, Windchen!

Eisige Schneeluft, schneeige Blässe
bringt uns der Winter ohne Entgelt.
Senken und Höhen… Nichts wird vergessen:
Weiß ist die Wiese, weiß ist das Feld.
Weiß sind die Berge, weiß sind die Täler.
Weiß sind die Tage, weiß ist die Nacht.
Gibt es mitunter auch einen Fehler,
wird wieder gut er balde gemacht.

Weiß schmückt der Winter stets sein Gestöber,
weiß wie des Frühlings blühende Welt.
Schneereich beladen, Gutes im Leben
gern uns des Winters Schneesturm bestellt…
Wehe nur, Windchen, weh uns Getreide,
Müh und Arbeit – Frohsinn herbei!
Dann, wenn vom Winter dankbar wir scheiden,
grünt unsre Hoffnung wieder im Mai.

Brauchst nicht vor Gram zu vergehen

Wenn es auch kalt oft im Winter,
wenn auch der Frost nur so klirrt,
steckt doch wohl Wärme dahinter,
die dich behaglich umschwirrt.
Sehnsüchtig-heißes Verlangen –
zart wie das warmrot die Wangen…
Die Liebe sei ewig gepreist!

Wenn auch die Schneestürme toben –
schön ist der Winter und gut.
Bleibst du ihm treu und gewogen,
wärmt dich dann lodernde Glut.
Schneewehen, berghohe Wehen
schmelzen zusammen alsdann.
Brauchst nicht vor Gram zu vergehen…
Es reift deine Ernte heran.

November 1982