Zyklus
Antithetik
Die Farben des Bösen sind düster und grau,
die Farben des Guten sind taghell und blau.
Das Böse ist eitel und tückisch und dreist,
das Gute ist zart und zerbricht auch so leicht.
Die Lüge vermischt alle Farben geschickt,
und oft unterscheiden die beiden wir nicht.
Mephisto versteht sein Geschäft ja nicht schlecht:
Ergründe und finde, was falsch ist, was recht.
Wege
Breite, schmale und gerade…
Ach so viele Wege gibt´s!
Sonnig. Steinig… Wie die Pfade
und die Stege des Gemüts.
Die Enttäuschung – zaudernd-zagend –
manchen Weg dann widerlegt.
Schließlich mußt du selbst dir sagen:
Wähle nie den leichten Weg!
Mief
Es glimmt die Glut dort in der Tiefe
der abgrundtiefen Seelenkluft.
Sie könnte Feuer dir wohl bieten,
doch fehlt dafür die scharfe Luft.
Vom frischen Wind lass dich umspielen.
Er spendet jedem Lebenslust.
Wie neugeboren wird sich fühlen
das Herz in deiner Menschenbrust.
Kindheit
Sorgenlos die Winde wehen:
Oh, sie haben keine Zeit!
Soll die Mühle still denn stehen,
wo so bunt das Märchenreich?!
Deine Kindheit hat’s gegeben,
doch du dachtest kaum daran:
Erst im späten Innenleben
wird zum Kind der reife Mann.
Mutterliebe
Umwoben von leuchtenden Farben
ist heute noch, Mutter, dein Bild:
Wie oft hast mit Worten, so warmen,
du einst meine Tränen gestillt!..
Und werden die Kinder und Enkel
(Die Jahre, die Jahre – sie fliehn!)
auch eurer, o Mütter, gedenken,
so war nicht umsonst das Bemühn.
Flieder
Was verspricht dir, was singt dir die Liebe,
die dein Frühling so früh dir geschenkt?..
Wenn sie ewig, o ewig nur bliebe
auch so flammend, wie heute sie brennt!..
Es verglühen die Sterne des Flieders,
die noch lilablau flimmern im Wind;
es verklingen die Träume wie Lieder,
die der Liebenden Seligkeit singt.
Dein Antlitz
Kinder, die mühsam dahinvegetieren,
Kinder, vom Elend gefoppt und gehetzt,
Kinder, die hungern und zittern und frieren,
Kinder, von Kugeln und Bomben zerfetzt…
Oh, meine Erde, dein Antlitz beflecken
heute noch vielerorts Schande und Schmach!..
Sollen Atompilze alles bedecken,
alles, was grünte und blühte, danach?!
Frieden
Wieder läuten die Glocken des Frühlings.
Und der Sommer eilt wieder vorbei.
Und der Herbst mit den herben Gefühlen –
er verherrlicht den grünenden Mai.
Und die Stürme des Winters erinnern
uns daran, daß kein Garten erblüht,
daß die Wiesen und Felder verkümmern,
wenn der Frieden auf Erden nicht siegt.
1986
