Zeiten fließen ineinander

Wieder spielt ein neuer Frühling
seine flotten Ouvertüren.
Weit und breit, in Feld und Wald
hallen helle Klänge wider
und ergreifen jung und alt.

Zugehörigkeitsgefühle…
Bald wird das Orchester spielen
seine große Sinfonie…
Wieder wird das Feld ergrünen,
und der Wald wird wieder blühn…

Auch in meinem Herzen klingen
Lieder, die mich heiter stimmen.
Doch so manche Melodie
an so manches mich erinnert,
was vergangen allzufrüh…

Und ich lausche, und ich horche…
Dort am Rand des kleinen Dorfes
steht ein altes Bauernhaus.
Seine Türen sind verworfen,
Leere aus den Fenstern schaut…

Doch ich weiß, am andern Rande
ist ein neues Dorf entstanden –
als Symbol der Grundwahrheit…
Zeiten fließen ineinander,
prägen die Unendlichkeit…

Ewig soll der Frühling singen
und mit seinem Lied beschwingen
dich und mich zu neuer Tat,
daß durch unser stetes Ringen
blüht und reift die junge Saat.

1985

Lebensabend

Den Weg vom sonnenwarmen Tage
           hinüber in die kühle, dunkle Nacht
bezeichnete man einst als LEBENSABEND.
Ein guter Mensch
             hat dieses Wort sich ausgedacht:
Der Abend ist der Fortbestand des Tages.
Auch gegen Abend scheint ja noch die Sonne
(Im Osten ging sie auf
                   im Westen geht sie unter).
Und auch das Leben hat noch seinen Sinn
   und ist wie einst noch immer tatentrunken.
Gewiß, nicht alles wurde Wirklichkeit,
          was man sich einstmals vorgenommen,
nicht alle Träume gingen in Erfüllung,
doch vieles, ja, so vieles hat erreicht
                                 es immerhin.

Man greift auch heut
           noch zuversichtlich in die Saiten,
mit jeder Dissonanz,
                mit jedem Mißklang streitend,
und spielt,
   wenn auch nicht laut,
                  so manches schöne Abendlied
beherzt und unverzagt;
und Mut und Wille scheinen zu erstarken
(wie dort die grünen Zweige
     des Eichenbaums im alten Parke,
   die hell vom Abendsonnenschein bestrahlt),
wenn auf die jungen Sprößlinge es schaut,
die sich vor seinem würd’gen Alter
                 da ehrfurchtsvoll verneigen,
wenn vor dem innren Aug‘
        der fast vergang’ne Tag vorüberzieht.
Ein jeder weiß,
             daß seine Zeit
                      für jede Gegengabe
                              kurz befristet.
Drum ist es trotz des Abends
         immer noch bereit,
              zu helfen dort mit Rat und Tat,
wo unverhofft sich Zweifel eingenistet
           und namenloses, stilles Herzeleid.

1986

O sag, warum…

Die Wogen deiner Liebe
haben unvermutet
auf den Ufersand
der vagen Hoffnung
mir einen Brief
           geschrieben.
Nach so vielen
still und stumm
verbrachten Jahren,
die in Erwartung
sacht verklungen sind.

O sag, wie konnte sie –
die erste, heiße Glut
der zärtlichen Gefühle
so lang allein
dort in den Winkeln
deines Herzens glimmen?

O sag, wie konnte sie –
die bange Poesie
der jungen Liebe
so ganz allein
durchs Leben irren
in tiefer Einsamkeit,
um heut als Dank
für jene Stunden
der Verbundenheit
aufs neue zu erglühen?

O sag, o sag, warum,
wozu und wie
hat sie erfahren,
daß jenes Hohelied
der fernen Leidenschaft
in meiner Seele
heut noch klingt
als stumme Liebespein?

Um einen Schlußstrich
unter meinem Leid
damit zu ziehen?

1987

Betrügerei

Es sind noch manche Sperren zu durchbrechen.
Und Schranken. Auf dem Weg zur Ehrlichkeit.
Betrug und Schwindelei sich noch erfrechen
und treiben Unfug skrupulös und dreist…
Das Huhn. So ist´s nun einmal eingerichtet –
es legt an einem Tag nur je ein Ei.
Doch wird im Rechenschaftsbericht berichtet,
es lege jetzt schon täglich zwei bis drei.
Das zweite und das dritte Ei der Lüge,
die aus der Luft gegriffen worden sind,
bedeuten Prämien für den Betrüger,
wenn auch das Geld nach faulen Eiern stinkt.

Dem Eierfälscher wäre vorzuschreiben,
wenn´s not tut, eine wirksame Diät –
ein Omelett aus ungelegten Eiern
und Brot und Wasser auf den weiten Weg dorthin,
wo er verdienen muß alltäglich
sein Brot im Schweiße seines Angesichts,
damit das Lügenmaul versteht, wie schädlich
der ausgedachte Eierkuchen ist.

                                            1987

O Mensch, bleib ein Mensch!

Ein Junge, dem Rauschgift verfallen.
Wer hätte es früher geglaubt!
Der Alp mit den blitzblanken Krallen
hat ihn seiner Freiheit beraubt.
Zerschrammt sind die Arme und Hände,
verzerrt ist das graue Gesicht.
Er hat seine Sinne verpfändet –
der brennenden Sucht nach dem Gift.

Zerstört ist sein einstiger Glaube,
der Mensch sei ein Mensch und kein Tier.
Wirr starren ins Leere die Augen
und suchen mit gasender Gier,
das Feuer der Nacht zu entzünden
im stickigen Opiumrausch,
Erlösung
        im Haschischkrautnebel
                              zu finden,
dem er seine Seele verkauft…

Ein Unheil kann wieder geschehen –
da hilft auch kein mahnendes Wort.
Der Schleck putscht ihn auf
          zu den schwersten Vergehen –
zu Frevel, Gewalttat und Mord…
Die Rauschgiftsucht wurde verschwiegen
zu lang, ja, gewiß, viel zu lang.
Wir klagen das schreckliche Übel
zu spät zwar, doch offen jetzt an.

O Mensch, bleib ein Mensch und gewinne –
wie’s stets sich für Menschen gehört –
die Macht über dich in den schlimmen,
gefahrvollen, schweren Minuten
der lockenden, losen Versuchung!
Nie folge der schmeichelnden Stimme
des Bösen, das tierisch – wie immer –
den Menschen im Menschen zerstört!

1987

Laß die Bilder nicht verblassen

Wieder schluck ich bittre Pillen,
die die Sinne mir verwirren.
und ich frage mich dabei,
was der Grund der Kälte sei,
die mich tagelang umgibt
und die Seele mir betrübt.

Wenn ich heute nicht mehr wüßte,
wie der Sonnenschein mich küßte,
wie der Wind mir Lieder sang,
wie ich in die Sphären drang,
manche steile Wand bezwang,
wäre mir es nicht so bang…

Herz, mein  Herz, du mußt dich fassen,
daß die Bilder nicht verblassen,
die dir eine Welt geschenkt,
wo das Weiß das Schwarz verdrängt,
wo das Licht der Zuversicht
mutig durch die Wolken bricht.

1987

Und wenn auch unerwidert

Vor gar nicht langer Zeit
           kam jenes Glücksgefühl
ganz unverhofft hereingeschneit.
nun wallt dein junges Blut.
Doch er verschmäht
             dich noch bis heute.
Vielleicht aus lauter Übermut.

             ***
„Ich liebe dich! Ich liebe dich!“
So halt es wider in den Weiten.
Doch deinen Schmerzensschrei
erhört er nicht, bis heute nicht.
Ist alles aus nun und vorbei?
Ringsum nur tiefes Schweigen…

             ***
„Ich liebe dich! Ich liebe dich!“
Verständnisvoll verneigen
sich wiederum
             ganz still und stumm
im matten Abendlicht
          die Berge und die Bäume
vor Empfindung
             und Verteidigung
des Schönen und des Reinen…

             ***
O ihr berückende Gefühle,
o ihr geheime,
               unerfüllte Träume,
wer oder was kann euch erretten?
Und haben deinem Ideal
                       die Götter
der Vollendung und Vollkommenheit
und der Verherrlichung
                     der Harmonie
denn deinen Gram verschwiegen?..

             ***
Der angsterfüllte Ruf
            der bangen Liebesqual
des Hingezogenseins zu ihm,
      dem blendend hellen Strahl,
beginnt zu beben und zu zittern.
Und ob die scheuen Flötentöne
        der fassungslosen Leiden,
die innig, heiß und jung,
sein Herz, das heut noch stumm,
       allendlich doch erreichen?
Ob ein befreiendes Gewitter
           vermag in seiner Seele
ganz unvermutet aufzusteigen,
   um deine Wunden auszuheilen?..

              ***
Vergiß es nie, vergiß es nie –
das helle, reine Glockenspiel!
Es wird den Schmerz besiegen.
Es ist das zarteste Gefühl,
      vielleicht der größte Segen
           in deinem Seelensleben.
Und wenn auch deine Liebe
bis heute unerwidert
                  noch geblieben.

1987

Noch jung genug

Erinnrungswogen dich umtosen…
Wie schön die Sommerrosen blühn!
Doch muß das Rosarot der Rosen
im späten Herbst dann auch verglühn.

Auch du bist einstmals jung gewesen
und blühtest wie ein Rosastrauch.
Von Hoffnungswind – wie auserlesen –
war deine Sommerszeit umhaucht…

Wer ließe sich schon irreführen –
die Tage schwinden wie im Flug…
Um das, was schwindet, zu berühren,
ist dein Gemüt noch jung genug.

Nun kommt dein Herbst, der deiner Seele
so manche Last noch auferlegt.
Doch dürftest heut du wieder wählen,
so gängest du denselben Weg.

                                         1987

Hoffnungsfunken

Winterweißfarben
verklingen die Träume,
schneeige Gipfel
die Hoffnung umsäumen,
und die Gedanken
versinken
in knietiefem Schnee.

Über die Berge
und über die Täler
schwebt in der Bläue
dahin deine Seele,
um in der Frostnacht
zu lindern
ihr brennendes Weh…

Wärme und Freude
wie du tief empfindend,
Kälte und Stürme
wie du überwindend,
steht dir zur Seite
verbindlich
die heilende Zeit.

Will dir der Gleichmut
den Kummer verhehlen,
will das Alleinsein
dich wieder zerquälen,
kommt die Erwartung,
allstündlich zu helfen bereit.

1987

Die Alternative

Die Kernwaffenschieber,
denen Sternenkreuzzüge
im Sinne nur liegen,
haben wieder bewiesen,
wie bedrohlich, gefährlich
ihr unsel´ger Wolfsappetit
für den Weltfrieden ist.
In Nevada, der klobigen Wüste,
dem irdischen Mondreich –
dort haben sie wieder
einen Kernexplosionsstreich
„manierlich“ und „ehrlich“ –
sogar vor der Frist –
„im stillen“ gespielt.

Das politische Echo
der provokatorischen
„winzigen“ Kernexplosion
den Erdball umkreist.
Die Welt ist entrüstet!
Immer dreister und frecher,
raffinierter forcieren
die Rüstungsmonopolisten
die baldige Schaffung
der Sternenkriegswaffen.
Unerhört ist der Hohn,
mit dem das Schandpentagon
die Friedenserwartung
der Weltöffentlichkeit
in den Nimmersattrachen
der Hochrüstung schmeißt.

Die Welt ist empört!
Die berechtigte Hoffnung
wird wieder zerstört!
Die Welt ist empört!
Sie kennt ihr Bedrängnis,
sie fühlt ihre Nöte.
Sie steht vor der Alternative:
Entweder Völkerfrieden
oder das schreckliche Ende –
die Vernichtung des Lebens
am heimischen Herd,
der so lange gewährt,
und selbst des Planeten…
Bis jetzt ist´s noch möglich,
das katastrophale Verhängnis
des Flammentods abzuwenden!

1987