Stimmen und Stimmungen

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Im Gewirr der Jahre,
die da gehn und kommen,
hör ich immer wieder
rings die weichen Klänge
jener schönen Lieder,
die du deinem Jungen
und danach den Enkeln
oft und gern gesungen…
In der kühlen Erde
ruhst du heute friedlich,
aber deine Stimme,
sanft und warm und innig,
hör ich weiterklingen
in den frohen Liedern,
die nun meine Töchter
ihren Kindern singen.

***
Mußt du deine
schlechte Laune
ausposaunen,
rauher Wind,
in alle Welt
und verneinen
meine Träume,
weil die Stille
dir mißfällt
und dich verstimmt?

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Wenn die Stachelbeeren
ohne Stacheln wären…
Stachlige Gedanken!
Denn die Beeren – höre! –
stechen dich ja nicht.
Mit seinen Nadeln sticht
der Beerenstrauch nur den,
der im Vorübergehn
gleich mit der ganzen Hand
nach allen Beeren langt.

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Wenn wir alles hätten,
was das Herz begehrt,
hingen wir wie Kletten
wollustübersättigt
an des Überflusses
aschfahlviolettem
abgetragnem Kleid –
verrannt,
          enttäuscht,
                      verstört,
vor lauter Ödigkeit
dem Dunkel zugekehrt.

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Die innere Stimme
vermag zu erinnern
uns wieder und wieder
daran, was gewesen.
Und stets sie uns warnt:
An Falschem geh nimmer
gleichgültig vorüber –
wo manchmal sich Böses
als Gutes und Schönes
verführerisch tarnt.

                           1984