Der alte Baum

Die Last der Jahre wurde immer schwerer.
Doch sie zu tragen, war er noch bereit:
Es war sein Wunsch, noch lang sich zu bewähren,

um zu erleben jene frohe Zeit,
da seiner Enkelbäumchen Jugendlieder
erklingen auf der Heide weit und breit

als Lobgesang vom schönen Lebensfrühling,
in diesen Wipfel spielt der Sonnenschein, –
den Drang zu großen Taten in sich fühlend…

In seinem Schatten haben oft geträumt
Verliebte ihre schönsten Hoffnungsträume
und manchen Vers der Zuversicht gereimt.

Er war seit je bestrebt – wie alle Bäume -,
daß diese Welt geschmückt mit Hoffnungsgrün,
daß niemand hier im Umkreis es versäume,

an einem lichten Morgen aufzublühn
zur Freude aller und zu seiner Freude –
als gütige Belohnung aller Mühn…

Der hochbetagte Baum – er mußte scheiden,
von einem Wirbelsturm dahingerafft.
Jedoch der grüne Kiefernwald wird bleiben:

Ein Heidenwerk, von der Natur vollbracht!

5. August 1985