Was wuchs vor tausend Jahren
auf diesem Weizenfelde?
Das könnte man vielleicht erfahren.
Getreide? Oder Schuttplatzmelde?
Ja, Melde… Die habe ich gegessen
im Hungerjahre dreiunddreißig.
Ja, wie die Melde schmeckt –
das weiß ich, oh, das weiß ich
und wird´ es nie vergessen:
Sogar des Nachts hat sie mich aufgeweckt,
nichts andres hatte ich zu beißen.
Vielleicht hat sie mich auch gerettet…
Und was, was wird nach tausend Jahren
hier wachsen? Hier, auf diesem Felde?
Und wird´s noch Weizenfelder geben?
Und Wälder, Wiesen, Tiere, Vögel?
Und wird der Mensch noch selber leben?
Entscheiden alles die Atomraketen?
Und nicht der Mensch
als höchstes und vernunftbegabtes Wesen?
Entscheidet alles auf der Erde später
der schwarze Rauch? Der Schwefeldunst?
Der Kältegrad? Der schwefelgelbe Nebel
von Millionen edler Menschenseelen,
die in der Nachkriegsqualenhölle
als radioaktive Stäubchen schweben?..
O Menschheit, willst du wirklich selber
nun über dich das Todesurteil fällen?
Soll das der Gipfel
deiner Weisheit sein?
Es wäre deine größte Greueltat
und als Vergeltung deine Höllenqual!..
O Mensch, es ist noch nicht zu spät,
bedenke dich, bedenke deinen Weg,
solang die Sonne noch für uns,
für alle Menschen –
Licht und Wärme spendend –
am blauen Himmel steht,
solang sie noch begnadend strahlt,
es gut mit uns, den Erdenkindern, meint!
1986
