Irdische Dramen

Am sonnigen Abhang
                   der fliehenden Jahre,
im bläulichen Schatten
                    der bangen Erwartung
verfolge ich achtsam,
                 gespannt und bedachtsam
im Freilichttheater
                   des hektischen Lebens
das herrliche Spiel der Natur,
               die Pracht und den Zauber
der Felder und Wiesen,
                    der Berge und Täler,
der blühenden Flur –
                meiner Hoffnungsgefilde:
Ihr Gewissen ist sauber,
                 wie Quellwasser lauter.
Ergreifende Szenen und Bilder!..

               ***
Es säen behutsam –
          wie immer – die Säer den Samen
des Schönen und Guten,
                   des sinnvollen Lebens.
Doch geht ohne Regen
                 die Saat oft nicht auf.
Und siehe: Das Schicksal –
                   es nimmt seinen Lauf.
Drum gibt es auch irdische Dramen
                    und stille Tragödien
der Flüsse und Seen,
                    der Tiere und Vögel.
Und der friedlichen Säer wohl auch.

              ***
Mit Erdbeben, wütenden Stürmen
           und alles verheerenden Dürren
muss oftmals der Mensch eben ringen.
    Doch kann ihn kein Unheil verwirren:
Alle Kraft setzt er ein –
    die der Muskeln,
              des Geistes und Willens -,
um sie, die Naturgewalten,
      als denkender Mensch zu bezwingen.
Und den erbarmungslosen
                       Naturkatastrophen
er furchtlos und kühn widersteht:
        Um das Leben, ums Leben es geht!

              ***
Doch selten nur suchen uns heim
                       Naturkatastrophen
in unserem Hofe,
            in unserem Hause,
                       in unserem Heim –
auf der herrlichen Erde.
Von manchem Desaster
         verschont uns die Mutter Natur.
Nur zu oft sind’s abscheuliche Laster,
verhängt vom Niveau und Charakter
                   der Moral und Kultur:
Der Mensch muss noch lauterer werden!
Noch umschleicht uns die Lüge,
                spinnt fleißig Intrigen,
um die menschliche Seele
            in Versuchung zu führen,
um sie zu verlocken
               zum Schlechten und Bösen,
dass die Quelle des Glaubens
                 an das Gute im Menschen
allmählich versiege,
       dass die Kraft aller Gutherzigkeit
dem Verfall unterliege.
Noch mancherlei gähnende Lücken
                   da gibt’s im Gewissen
verschiedener Menschen
          (ganz egal, wie sie heißen!) –
der Schaumschläger, Windbeutel,
                             Dickhäuter,
der Erzgauner, Ausbeuter,
          der Engstirnigkeitspräsidenten
und aller, die leider verkäuflich…

                    ***
Ein erbittertes Ringen
         der Völker um Selbstbestimmung,
um Freiheit und Eintracht und Frieden.
Ein Chor, millionenstimmig:
                     Sein mahnendes Lied
hallt im Weltenall wider
                  als Gebot unsrer Zeit:
Verdammt
         seien Fesseln
                       und Ketten
                              und Zwang!
Ein weltweites Nein
    dem die noch grünende Hoffnung
            der Menschheit zerstörenden,
    dem alles auf Erden verzehrenden
                      furchtbaren Krieg!
O Menschen, handelt wie Menschen,
                umschlingt euch wie Brüder,
dass die Menschlichkeit siegt
           und für immer bezwingt
                      das irdische Leid,
die irdischen Dramen,
              die abwendbaren Tragödien,
damit unser einziges Heim –
            die blühende Erde –
                    erhalten uns bleibt!

                  ***
Auf unserem schönen Planeten
                   sind die Grenzen
                          des Vertrauens
    zwischen so manchen Ländern
         abgesteckt mit Raketen
                           des Grauens.
Und diese Jahrhundertgewalttäter
                          werden geboren
                vom Geiste des Menschen.
(Aus Übermut?
        Aus Zorn und aus Wut?
           Aus beklemmendem Angstgefühl?
Aus berechtigtem Lebenserhaltungstrieb?)
Doch wenn das Inferno begänne,
     das nukleare,
            in die zehnte Potenz erhoben
durch Sternenkriegslaserstrahlen
und anderen Massenvernichtungswaffen,
            so wäre wohl alles verloren:
Die gütige Erde –
       sie würde es nimmermehr schaffen.
           Es wäre eine höllische Marter.
Auch für Überlebende.
           Die noch am Leben Gebliebenen
würde der Kältetod lauernd erwarten …

                   ***
Ein Großväterchen und Mütterchen
    schleppen sich – sanft und gebeugt –
nur noch langsam dahin,
                  sie verstehen den Sinn
der verflossenen Jahre.
        Der Weg den die beiden
                  zu gehen noch haben, –
er ist nicht mehr weit.
                 Ihnen reicht ihre Zeit.
(Sind’s Monde? Sind’s Tage?
          Sind’s schweigende Stunden?..)
Sie haben sich längst überwunden:
Es winkt ihnen zu schon die ewige Ruh…

                   ***
Und dort kommt des Weges
        ein junges und stattliches Paar.
Und trotz atomarer Gefahr,
    die den Kommenden droht
            mit dem Strahl in der Faust,
    ziehen sie freudig und froh
                           in die Weiten
                   der Erdentage hinaus:
Ins Leben verliebt,
      der Sonne des Friedens vertrauend,
und hoffend und glaubend,
           dass das Gute das Böse besiegt
auf unserem blauen Planeten,
        eilen sie vorwärts und schreiten
dem Frührot eines besseren,
           schöneren Morgens entgegen…
O Menschheit!
         Hoch sollst du leben!
                         Immer und ewig!

1986