Gabriele

     1
Gabriele, Gabriele!
Ob wir uns denn nicht verzählen?
Vierzehn Jahre bist du alt!
„Oh! Sie wünschen?.. Sie befehlen?..“
Bist bemüht, es zu verhehlen,
doch dein junges Blut schon wallt.

Deine Augen, himmelblauen,
allem auf der Welt vertrauen.
Denn du bist ja noch ein Kind.
Mädchen werden einstmals Frauen.
Deshalb deine Augen schauen,
wie es die Natur bestimmt:

Treu und ehrlich, sanft und offen,
manchmal aber auch betroffen –
blau wie blaues Himmelblau.
Deiner Jugend frohes Hoffen,
deiner Freuden leises Pochen
spiegeln sich darin genau…

Ja, wie soll ich dir es sagen?..
Stehst vor einem Berg von Fragen.
Eilst voran in vollem Lauf.
Und mit jedem neuen Tage
deine jungen Flügel tragen
weiter dich den Berg hinauf.

Mannigfaltig ist das Leben.
Hier die grünen Wiesen weben
einen Teppich, bunt und weich.
Dort die Fähren, aufwärtsstrebend
und zum Gruß die Äste hebend,
schmücken aus ihr Schattenreich.

Auf den Dräten sitzen Schwalben,
und sie zwitschern deinethalben
froh ein Sommerlied in Dur.
Und die Pilze auf der Halde
fragen: „Wird es regnen balde?“,
müde von der Sonnenkur.

In den Lüften Lärchen hängen,
und die Sonnenstrahlen sengen,
leise sirrt die Mittagsglut.
Und die Weiten sich verengen,
die Gedanken heiß umdrängen…
Gabi aber findet Mut…

„Sonnenregen, Sonnenregen“,
bittet Gabi fast verlegen,
„schenke uns dein edles Nass!
Auch die Gräser dort am Wege
haben sicher nichts dagegen,
denn ihr Grün wird langsam blass.“

Gabi mit den blauen Augen
es versteht, herbeizuzaubern
das, wonach die Erde lechzt…
Einen Zauber sich erlauben
darf man wohl, nur muss man glauben
dass nur Gutes draus erwächst…

Und die grauen Schäferwolken
färben sich, dem Sprüchlein folgend,
dunkel, weil es regnen muss:
Schnell den Donner noch besorgen,
der da schlummert halbverborgen –
und es strömt ein Regenguss!..

             2 
Helle Wolken ziehn vorüber,
und die Sonne lächelt wieder
nach dem schönen Regenguss.
freudetrunken wie auf Flügeln
zu den Schülern dort am Fluss.

Hier am Ufer aufgeschlagen
ist das Sommerferienlager
„Helfen-wir-den-Eltern-mit!“.
Und es leitet Gabi Rady
die Gemüsebaubrigade
sachverständig und geschickt.

Pioniere, Pioniere
durch ihr Heute hier marschieren,
dass das Morgen schöner wird.
Krass sie ihren Weg skizzieren,
der sie vorwärts nur wird führen –
hoffnungsvoll und unbeirrt…

Nach dem schönen Sommerregen
almet ringsum neues Leben.
„Jungs und Mädchen, los jetzt, schnell“
Wer gewacht und wer gelegen,
wer geträumt vom blauen Segel –
alle eilen auf das Feld.

Und sie jäten, und sie hacken,
und sie plappern, und sie lachen,
und sie singen manches Lied.
Unkraut rupfend flink und wacker,
alle fleißig zu da packen…
Und nur einer ist schon „müd“.

„Stärkt die Faulheit nicht die Glieder?“
fragt der Possenreißer Frieder
„Ruhe macht das Leben süß!“
Deine Scherze klingen bieder“,
Rosalinde ihm erwidert.
„Sei, Fedjuntschik, mir gegrüßt!“
„Seht ihr nicht, das Eiferts Lieschen
ist so rund wie ein Radieschen!
Klar, sie liebt die Arbeit nicht.
Doch die zuckersüßen Grübchen!..
Lieschen, guck nicht so verdrießlich:
,…kommt ein Prinz, verliebt in dich!'“

„Ach, du lange Hopfenstange,
meinst, ich bettle gleich befangen:
‚Fedja, biet mir endlich Schutz!‘
Kannst dich schön um andre bangen.
Und was war, das ist vergangen…“
Friedrich schaut sie an verdutzt…

„Jungs und Mädchen, meine Lieben,
noch ein bisschen ist geblieben,
und das Unkraut ist vertilgt!
Morgen geht es an die Zwiebeln
und am Montag an die Rüben –
dass der Regen auch was hilft.“

Alle sich im Nu verwandeln…
„Und am Wochenende wandern
in die Berge wir hinaus!
Was wir brauchen, ist vorhanden –
Rucksack, Stock und Freundschaftsbande…
Kommt, es wartet schon der Schmaus!..“

Lärmend laufen sie umschlungen,
und ein Lied wird noch gesungen.
Lieschen wie ein Täubchen gurrt…
Einen wahren Bärenhunger
haben nicht allein die Jungen,
und der Magen murrt und knurrt.

Gegen jeden Brauch verstöße
man, gäb’s keine Butterklöße
(mit dem frischen süßen Rahm!):
Traurig da Wolodja säße,
und Murat wär bitterböse
und Johannes flügellahm.

Klöße… dampfen auf den Tischen.
Jeder kann sich nun erfrischen.
Jeder auch sein Soll erfüllt!
Brot und Wurst wird aufgeschnitten:
Esst und trinkt und labt euch bitte!
Euren Hunger, Kinder, stillt!..

Heute kommen ihre Paten.
Nach der sachlichen Beratung
ein Konzert für sie erklingt,
das erzählt von jenen Taten,
die der Nachwuchs, wohlgeraten,
jeden neuen Tag vollbringt…

               3
Gabriele, Gabriele!
Schöne Tage gibt’s im Leben,
wo das Herz uns höher schlägt,
wo der reiche Erntesegen
und die Wünsche, dir wir hegen,
hell erleuchten unsern Weg.

Lichterlohes Lagerfeuer.
Stunden, die das Herz erfreuen.
„Erntefest!“ Das Spruchband prangt.
Das Erblühen und Gedeihen
heut die Pioniere weihen
ihrem lieben Heimatland.

Gurken, Zwiebeln und Tomaten,
rote Rüben und Salate
schmücken bunt das Erntefest.
Das Gemüse ist geraten,
reich gedeckt ist heut die Tafel:
Alles, was sich denken lässt!

Und die jungen Pioniere
stolz den Gästen demonstrieren,
wie die Sonne heiß geglüht,
was man alles kann vollführen,
wenn die Hände fleißig rühren,
was man – arbeitsfroh – erzielt.

Und die Neulandveteranen
sehen, dass der Neulandsamen,
der vor Jahr und Tag gesät,
bricht sich neue Lebensbahnen;
und es ist nicht schwer zu ahnen:
Richtig ist der Weg gewählt.

Heute sind es schon die Enkel,
die den Lauf der Dinge lenken,
mit den Vätern fest vereint,
Herz und Hand der Heimat schenken
und ans Jahr ZWEITAUSEND denken,
dass auch dann die Sonne scheint…

              4
Schnell ist auch der Herbst vergangen.
Weiter geht es unbefangen:
Fleißig lernen sie jetzt Trumpf!
Wie der Sichel und der Hammer
halten alle stets zusammen:
Einheit nur genießt Triumph!

Und sie gehen – kaum zu fassen! –
stolz schon in die achte Klasse.
KOMSOMOLZEN sind sie jetzt!
Unermüdlich ist ihr Schaffen,
und im Träumen und im Wachen
sie der Tatendrang ergötzt.

Ja, die Komsomolzen müssen
vieles können, Wissen Fortschritt heißt.
Doch erst rein ist dein Gewissen,
wenn der Fahne, die wir hissen,
deine Treue du beweist.

Was vom Morgen wir ersehnen,
stellt uns oftmals vor Probleme,
meist verwickelt sonderlich.
Hürden, gilt es, dann zu nehmen.
Und es gibt kein Eingewöhnen,
bis der Mut die Schranken bricht.

Ständig wächst das Interesse,
und die Komsomolzen schrecken
nie vor Unbilden zurück.
Heiße Wissbegier erweckend,
so viel Neues sie entdecken –
oftmals auch zutiefst verzwickt.

Kraft anlegen kannst du immer.
‚Neue Höhen stets erklimme!‘
heißt dein Komsomolauftrag.
All dein Mühen und dein Sinnen
widme deiner Heimat: innig,
Nutzen bringend Tag für Tag…

Dein Elan hat Frucht getragen?
Leitest einen Zirkel, Gabi?
Ja? ‚Der Mensch und die Natur‘?
Dein Bemühen ist erhaben:
Hilf den Menschen! Sorge trage
um das Tierreich, Wald und Flur!..

Kommt der schöne Sommer wieder,
singt ihr eure Lieblingslieder
fröhlich auf dem Rübenfeld.
Lämmerwolken ziehn vorüber.
Warmer Regen geht dann nieder,
der zur rechten Zeit bestellt…

Komsomolzen, kämpft entschieden
für Gerechtigkeit und Frieden,
gegen Hader, Zwist und Krieg!
Wenn die Menschen sich verbrüdern,
muss das Böse unterliegen.
Frieden ist der größte Sieg!

Gabriele, Gabriele,
rastlos und aus tiefster Seele
setzt euch für das Gute ein!
Alle Völker einst erwählen
in dem edlen Freiheitsstreben
euren Weg, voll Sonnenschein.

1984