Gekreuzigt

Ein neues Jahr.
Sein erster Tag,
so hell und klar,
grüßt winterlich,
doch inniglich
die Erdenkinder…

Die Unschuld fragt:
Ein neuer Anfang?
Mit Zuversicht
und Mitempfinden?
Gewiß, gewiß…
Doch nicht für alle.

Für dich und mich
und unser Volk,
mein Freund
        und Landsmann,
ist’s ein Verhallen
der bangen Bitten.
Man hört uns nicht.

Erschütternd ist:
Man braucht uns nicht.
Ob hier, ob dort;
ob dort, ob hier.
Und an die Tür
der Waisen pocht
der blinde Haß:
So schert euch fort!..

Wohin, wohin
mit uns, die wir
als Rußlanddeutsche
so viel gelitten
und längst als Volk
gekreuzigt sind?!

1. Januar 1991