Reich wollte er werden – der arme Mann.
Wenn nicht reich, dann eben wohlhabend.
Wenn nicht wohlhabend, so wollte er Brot
über Nacht für Frau und Kinder haben.
Ist das Untugend? Ist es ein Laster?
Ist´s eine kühne Freveltat?
Wird es als Wahnsinn bestraft?
Kommt man dafür in die Hölle?..
Doch er spannte sich ein – der Armbauer
Heinrich Neubauer und wurzelte
Tag und Nacht im Schweiße
seines Angesichts:
„Vater unser im Himmel.
Geheiligt wurde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
unser tägliches Brot gib uns heute…“
Reich wurde Heinrich Neubauer nicht.
Wohlhabend wurde er auch nicht.
Aber Brot über Nacht für Frau und Kinder
hatte er jetzt. Sogar auf den Winter…
Dann wütete die Entkulakisierung.
Nein, Kulak war er nicht geworden.
Soweit hatte er es nicht gebracht.
Aber kurz danach, als die Kulaken
im Dorfe nicht ausreichen wollten
(Planauflagen gab es dafür:
Soundso viel Kulaken müsse es geben!),
wurde Heinrichs heißes Bemühn
als Kulakenanbeterei denn qualifiziert:
Fort, fort mit dem bissigen Hund!
Und Heinrich Neubauer –
der Widersacher-Volksfeind-Taugenichts –
landete schnurstracks im Hafen der Hölle,
im fernen hyperberüchtigten Magadan.
11. November 1989
