*** Wenn die schuldlosigkeit

wenn die schildlosigkeit
      sich nächte hindurch –
voller quälender angst
            und beklemmung –
mit zitternden händen
   an den hoffnungsstrahl
        klammert und stöhnt;

wenn sie schweißbedeckt
morgens dann wieder erwacht
    und sich wieder am rande
des abgrunds befindet,
        der bodenlos klafft;
wenn sie – niedergebeugt –
        nun bittet und betet
und um mitgefühl fleht,
      um nicht von dem Sumpf
der kalten und tödlichen
gleichgültigkeit
    verschlungen zu werden –

dann sollten die qualen
        es wagen und fragen:
wird sie endlich erhört –
die bebende stimme
           der ratlosigkeit?
wird erhört in der wüste
der indifferenz
       der angstvolle schrei
der schändlich verschmähten?

wird gerechtigkeit walten
                 allendlich,
damit die solange gequälte
    dann selbst zu bestimmen
vermag ihren weg – den weg
    ohne tränen und stöhnen?

oder stößt die verdammung –
     voller schadenfreude! –
die verstoßene zynisch hinab
  in den klaffenden abgrund,
in die gähnende tiefe
  des stockschwarzen nichts?

14. März 1990