Das Wiedersehn

O, wollte denn das Schicksal
                es so haben,
das einstens als Verhängnis
               uns getrennt?
Ein Wiedersehn mit Dir!
Nach dreißig Jahren.
Ein Traum.
Den mir das Leben noch
                  geschenkt.

Wie oft, wie oft
hat mir das Herz geblutet,
denn an der Trennung
      war ich selber schuld.
Ich hab´ auf diese kurzen
               Schlußminuten
so lang gehofft
mit innrer Ungeduld.

Des Wiedersehens
kurze zehn Minuten –
sie währten wahrlich dreißig
                  Jahre lang
und haben jene Stunden
                wachgerufen,
da uns der Frühling
        zarte Lieder sang…

Dein Antlitz wahrt
bis heut die edlen Züge.
Dein Blick mich wieder
wie dereinst betört.

Dein Herz,
dein gutes Herz ist jung
                  geblieben.
Nur daß es einem anderen
                   gehört…

Sei glücklich immerfort,
             verlorne Liebe,
und träum den Traum
der trauten Zweisamkeit.
Der Sehnsucht klarer Quell
         wird nie versiegen,
den einst entdeckt
die ferne Frühlingszeit.

Leb wohl, leb wohl!
Ich wünsche Dir nur Gutes!
Du weißt, Du weißt,
    ich mußte wieder gehn…
Und wenn mein Herz
vor Wehmut wieder blutet –
ich stille es…
      mit diesem Wiedersehn.

                                  1985