Erwartung und Reminiszenz –
die beiden zusammen –
sind ein wahres Geschenk.
Sie entflammen
die besten Gefühle.
Und nicht nur im Frühling.
Auch im Herbst sie den Glauben behüten.
Und klopfen sie an,
so laß, o so laß sie herein,
meine Seele, ins Heim
deiner Sommernachtsträume,
daß dein Mut und dein Lebensgefühl
nicht versteinern.
* * *
Die gedanklichen Weiten
erfassen bewegt und empfinden
im Wandel der Zeiten
die unvergeßlichen farbigen Bilder
der Kindheit und Jugend und Reife
als schwimmende Märcheninseln,
die nirgends auf lange verweilen,
um schnell dann vorüberzueilen
im brausenden Meere des Lebens.
Und dort auf den Wellen sie treiben –
als Freude und Leid –
auf immer, für immer dahin.
Und es wäre vergebens
ein seufzendes, wehes
„Ach wenn doch!..“.
Ein Verhallen es ist. Ein Verklingen.
Ein schmerzvolles Händeringen
der Trostlosigkeit.
Ein leises, fast stilles „Ade!“.
Denn: Scheiden tut weh!..
* * *
Und dennoch! Und dennoch!
Die Seele vernimmt
und erhört noch die Klänge
der berückenden Lieder,
die die Wehmut und Schwermut verdrängen.
Und wieder und wieder –
versinnbildlicht – flimmern
am herbstgrauen Himmel
als glühende Pünktchen,
als winzige Sterne,
als zirpendes Schweigen –
und wenn auch in mystischer Ferne –
die kurzen bezaubernden Stunden
des unbegreiflichen, ewigen Wunders –
LEBEN:
Wieviel Stege
des launischen Glücks,
wieviel Wege
der menschlichen Liebe,
wieviel Straßen
ergreifender, strahlender Freude,
wieviel Pfade
verzweifelter, heimlicher Trübe!..
Ein unvergänglicher, göttlicher Segen,
den die Mutter Erde bemüht immer ist,
den Menschen umsonst zu vergeben!
* * *
Und du weißt,
o du weißt ja, mein Herz,
wieviel Leid,
wieviel Schmerz
es noch gibt in der Welt.
Also spanne dich ein,
wenn auch manchmal
den Veitstanz du tanzt,
und ackre und pflüge! Besäe dein Feld
auf dem schartigen Grat
der Widersprüche im menschlichen Sein
mit knospenden Blumen der Eintracht,
mit Nelken und Rosen des Friedens!
Und all dein inneres Feuer,
deine Leidenschaft,
deine geistige Kraft,
die dir noch geblieben,
setz ein und verbrauche sie ganz
und beweise mit Wort und Tat,
mit deiner bescheidenen Saat
deine innere Haltung,
deine Menschenliebe!
1986
