Wirrsal
Es ist öde und kalt
dort im düsteren Wald.
Und der Blätterabfall
ist nicht zu verhindern.
Und die Nächte sind lang.
Und die Träume sind bang.
Und vor Sehnsucht vergeht
da die einsame Linde,
die am Waldrande steht…
Dann Winter. Und Stürme…
Und wird sie die Wirrnis
und Angst überwinden?
Egozentrisch?
Ich schlucke CORDARONE
(drei Pillen jeden Tag),
damit es mich verschone
vor einem Herzanfall,
vor einem Schicksalsschlag,
vor Willkür und Gewalt,
vor jeder Schreckgestalt…
Mein Sinnen ist (verständlich!)
so ziemlich egozentrisch…
Wer hofft, der findet Halt?
Sklerose
Ich gehe zum Arzt.
Um den Blutdruck zu messen.
Damit man mir sagt:
ä190 – 130 …ä
(Das fühl ich, das weiß ich.)
„Sie müssen mehr schlafen.
Und arbeiten dürfen Sie nicht.
Und gehen Sie fleißig,
mein Lieber, ins Freie
und schnappen Sie Luft…“
Ich bedanke mich schuldbewusst
und eile nach Hause.
Und schnell an den Tisch:
‚So ein schöner Gedanke!‘
Und ich sitze und schwitze:
Ich habe ihn wieder vergessen.
Auf Kandare
Ich renne und renne.
Bin ich ein Renner?
Wer hat mich aufgezäumt?
Wer hat mich gesattelt?
Wer drückt mir die Sporen
erbost in die Weichen?
Wer presst mir mit Stiefeln
meine fliegenden Flanken?
Wer schindet und hetzt mich?
Vielleicht… die Gedanken?
Tiefempfunden
Die Bitternis, sorgenbeladen,
hat Angst vor der Mauer
der Verständnislosigkeit
und möchte der Welt entfliehen.
Den Wermut am Zaun dort –
den hat sie vor Gram übersehen.
Ihren Schmerz tiefempfunden,
schaut er ihr kummervoll nach
und würde so gern sie bedauern.
Denn auch er ist ja erdgebunden
und weiß, was Wehmut heißt
und innere Einsamkeit.
Schluckauf
So mancher Mann,
der an der Quelle sitzt, –
der trinkt und isst,
so viel er will,
so viel er kann…
Doch ich beneide
diese Raffer nicht.
Sie kriegen oft den Schlucken
und greinen dann und muckern,
sie würden stets verkürzt.
… dass ich bin
Wie ein Maulwurf,
der dem Boden verhaftet,
wühle ich auf –
den Berg der Gefühle
und suche, halb blind,
nach dem Sinn
meines irdischen Lebens.
Doch alles vergebens:
Ich kann in den Klüften
keine Antwort finden…
Liegt der Sinn nicht darin,
dass ich heute noch bin?
Getrennt
Erwartung und Freude.
Sie suchen einander
und können und können
einander nicht finden.
So wandern und wandern
sie getrennt durch das Leben:
Die Welt ist zu groß
und der Himmel zu hoch
und die Erde zu klein…
Wie sollte man sich da begegnen?
Die letzten Kuppen
So fasse dich, mein Herz!
Bis zu jenem Gipfel,
den du erklimmen möchtest,
ist es nicht mehr weit.
Noch ein paar Felsenzinnen
hast du zu bezwingen;
dann stehst du vor der Nacht,
die dich verschlingt für immer.
Trost
Dein Kummer ist groß.
Du sehnst dich nach Wärme.
Du möchtest die Güte umarmen,
um dein Herz ihr auszuschütten
und zu ruhen in ihrem Schoß…
So eile hin ins Tal der Gnade
und knie dort nieder und bete.
Und die weichen, warmen Farben
der Dahlien der Hoffnung
erwärmen dich und spenden Trost.
27. September 1990
