Zu Geiseln verdammt
sind wir Deutschen.
Wem sollen die Schuld
wir nun geben?
Uns selbst,
liebe Schwestern
und Brüder?..
Ein Grund,
uns zu assimilieren?..
Vielleicht Katharina
der Zweiten,
die unsere Ahnen
nach Rußland
verlockt,
wo so süß sei das Leben?
Vielleicht den dann
folgenden Zaren,
die alle verschwägert
da waren
mit Schweden und Preußen
und Deutschen,
die gern
nach französischen Sitten
sich stritten
und küßten
und schneuzten?..
Vor allem
dem blutgierigen Stalin
und seinen Satrapen
und Henkern,
die Tausende Opfer
zermahlten
in höllischen
Massenmordmühlen!
Den Lenkern!
Des Staates!
Den Führern!..
Chrustschow,
der manch‘ Märchen
ersonnen
und wenig erzielt
und gewonnen?
Er hätte uns Deutschen
noch retten
gekonnt wohl
im taufeuchten Wetter.
Doch wurde er selber
verdroschen
von seinen
Parteimacht-Genossen.
Wohl Breshnew,
dem Helden der Helden?
Da gab’s keinen Grund,
noch zu hoffen.
Er liebte vor allem
sich selber.
Drum hat er
mit Schurken und Gaunern
den Sozialismus –
versoffen…
Was bringt nun das Heute
uns Deutschen?
Wir hoffen. Und schweigen.
Vergebens?
Vergessen
von der Perestroika,
erblassen
die sehnlichen Träume
im Dunst
und im frostigen Nebel:
Ein Volk
ohne Zukunft und Heimat?
16. November 1990
