Es grünten die Wiesen
der Hoffnung und Freude.
Sebastian…
war jung und verliebt.
Erst achtzehn.
Sie – siebzehn
und völlig erblüht.
Er baute im stillen
für sie einen Dom
der ewigen Liebe.
Amalia hieß sie, die Schöne.
Doch war es nicht jene
Gestalt aus den „Räubern“ –
Amalia von Edelreich.
Andere Zeiten –
andere Bräuche.
Doch edelmütig war auch sie:
fleißig, bescheiden
und klug und gewandt
und der Heimat ergeben –
war ein deutsches Mädchen
aus einem deutschen Städtchen
am großen Wolgastrom.
Und vielleicht, ja, vielleicht
wären die beiden
auch glücklich geworden.
Doch das Land, ach, das Land
überfielen
die Hitlerschen Horden…
Und es strömte das Blut
der Soldaten…
Aber die schmutzigen Wellen
der nackten Gewalt
und des grausamen Zwangs,
die schon früher den Damm
der Menschlichkeit
niedergerissen,
überfluteten haltlos
auch jetzt noch das Land.
Und der „Führer“ verlor
da das letzte Fünkchen Gewissen.
Und in Zorn und in Wut
nun geraten,
knallte der „Vater
der Völker“
gekonnt und wie wild
mit der blutigen Peitsche.
Und es schlich sich die Angst
nun allüberall
in die menschlichen Körper,
und niemand vermochte zu helfen.
Und zwangsweise ausgesiedelt
wurden vor allem
die Wolgadeutschen:
Fort, fort! Nach Sibirien
mit diesen Verrätern!
Und ohne Krawall und Gezeter!..
Doch das war erst der Anfang.
Und das dicke Ende –
wir ringen, ach ringen
noch heute die Hände! –
es kam erst danach,
etwas später…
Und dann drangsalierten
uns noch viele Jahre
die berüchtigten
Stalinschen Lager.
Im Ural und bei Kotlas…
In Iwdel, Norilsk, Magadan…
im Norden und Süden und Osten…
Und vieltausende Opfer
hat es die Heimat gekostet…
Auch Sebastian erlag
dem barbarischen Zwang.
Er schläft an den Ufern der Kama
seinen ewigen Schlaf…
Und Amalia hatte vier Jahre
in entsetzlichen Lagern
geschuftet, gehungert, gefroren,
den Mut oft verloren
und bittere Tränen vergossen;
und trotz aller Schikanen
ist sie am Leben geblieben.
Und sie hat seinen Namen
und den Dom ihrer Liebe
ins Herz tief geschlossen
und trauert Sebastian
auch heute noch nach.
1989
