Der Brief

Du kennst deinen Großvater nicht.
Du kennst nur das einzige Foto
und den einzigen trostvollen Brief,
den heute schon ziemlich vergilbten,
den oft deine Oma im Stillen
und tränenlos weinend noch liest
zu jeder gelegenen Stunde,
in trübe Gedanken vertieft.
Der Brief – er ist Zeuge und Bote
der Schmerzen vergangener Zeiten,
der heute noch offenen Wunden,
die nimmer vernarben und heilen…

Im Jahre einundvierzig noch war es,
als brutal unser Land überfielen
die faschistischen Raubmörderscharen…
Eure Großväter wurden Soldaten.
Und sie zogen, ganz jung, in den Krieg,
denn vom Feind war die Heimat bedroht.
Und sie kämpften auf Leben und Tod…
Doch so viele Soldaten, so viele,
sind für immer im Felde geblieben:
Daß die Kinder heut sorgenfrei leben.

1985