Die Flaute

Stille Stunden breiten ihre Flügel
über meine Zweifel schirmend aus.
Und ich reite
             mit verhängten Zügeln
in das Reich der Poesie hinaus.
Von Gefühlen läßt mein Herz
                      sich leiten,
ringsherum sei alles Poesie:
Ganz vertraulich
           greif ich in die Saiten
dieser ungetrübten Harmonie…
Doch allmählich
         wird der Reitweg holprig,
und von Unruh ist das Lied erfaßt:
Es beginnt
         mein Pegasus zu stolpern,
taumelnd unter seiner Sorgenlast.

             ***
Ob vielleicht
     der Garten längst verkrautet,
wo ich Rosen pflückte ungehemmt,
oft erfüllt von innrer Ungeduld?
Ob mich wieder
    martert das Gefühl der Schuld?
Ob die Stille meinen Mut versengt?
Ob dort auf dem sonnenblauen Berg
    meiner sommergrünen Zuversicht
nun das Höhenfeuer
                nicht mehr brennt?
Ist’s vielleich
       ein Schabernack der Flaute,
die mich schlau
          und listig eingelullt?..

              ***
Wieder atmet auf
              mein treuer Pegasus.
Und er glaubt
           an Poesie und Harmonie!

Schnaubend macht er sich ans Werk,
um bescheiden,
     ohne Murren zu erfüllen
              seine Dankespflicht.
Weiß er doch so gut:
    Es blüht kein Garten ohne Müh.
Weiß er doch so gut,
                   dass jede Freude
erst erstritten werden muss…
Leise singen die Gufühle
         in der feierlichen Stille
    wieder ihre schlichten Lieder.
Und sie klingen einen Halbton
lauter und auch vertrauter –
ohne Herzensangst
        und ohne jeglichen Verdruss.

1987